Nicht nur einmal habe ich in den Jahren meiner doch schon etwas länger andauernden Berufslaufbahn diesen Satz gehört: „Unsere Firma ist wie ein Kindergarten.“
Von Mag. Petra Maringer
Woran liegt es, dass man manchmal das Gefühl hat, nicht immer mit erwachsenen Menschen am Arbeitsplatz zu tun zu haben? Manch eine/r scheint sich wie ein Kind zu gebärden und es kommen die Verhaltensmuster von 3 – 6jährigen durch.
Die Antwort ist einfach: in jedem von uns steckt noch immer das Kind-Ich. Wir lernen, sobald wir geboren wurden, welche Verhaltensmuster zum Erfolg führen und diese Muster nehmen wir unser ganzes Leben mit. Wir verändern sie erst dann, wenn sie nicht mehr zum Erfolg führen – also unter Druck oder wenn wir ganz bewusst nicht mehr so sein wollen. Der Klassiker wäre: „Ich will nie so sein, wie mein Vater.“ Dann reflektieren wir in vollem Bewusstsein das Verhalten des Vaters, unser eigenes und überlegen uns, wie wir uns verhalten möchten. Selbst dann, wenn wir wissen, wie wir uns ändern möchten, klappt die es nicht beim ersten Mal.
Wenn nun ein 5jähriger ein Muster nachahmt und dieses sich nach und nach etabliert, weil das zum Erfolg geführt hat (zB petzen gehen und dafür eine Belobigung erhalten), dann wird er das weiter mitnehmen, verfeinern und dann schlussendlich auch im Berufsleben so fortführen.
Ihnen fallen bestimmt einige dieser Muster ein, die Sie in Ihrem Unternehmen beobachten können. Keiner von uns ist davor gefeit, das Kind-Ich rauszulassen und mal nicht ganz angemessen zu reagieren. Auf einen Reiz folgt eine Reaktion. Auf den Kindergarten umgelegt: Wenn er mir das Feuerwehrauto nicht gibt, dann mache ich seinen Legoturm kaputt. Auf das Unternehmen umgelegt: Wenn ich die Gehaltserhöhung nicht kriege, lasse ich ihn beim nächsten Projekt gegen die Wand rennen.
Eric Berne hat sich in der Transaktionsanalyse genau mit diesem Thema beschäftigt und rausgefunden, dass wir uns in drei Ich-Zuständen befinden, Eltern-Ich, Erwachsenen-Ich und Kind-Ich, welche abwechseln und sich von in der Minute verändern können. Die Transaktionsanalyse versucht dabei herauszufinden, welche Ich-Zustände der Gesprächspartner*innen den jeweiligen Reiz oder die jeweilige Reaktion auslösen. Aus den drei Ich-Zuständen ergeben sich Gedanken und Gefühle und daraus resultierend Handlungen. Im Eltern-Ich sind wir fürsorglich, aber auch kritisch. Im Kind-Ich sind wir angepasst, manchmal aber auch trotzig. Das Erwachsenen-Ich ist in der Vermittlerrolle zwischen Eltern- und Kind-Ich. Informationen werden aufgenommen, verarbeitet und Entscheidungen getroffen.
Vor diesem Hintergrund sind wir nun in der Lage, unseren „Kindergarten“ im Unternehmen zu beobachten, zu analysieren und zu reflektieren. Wie verhalten sich Personen? Wie verhalte ich mich selbst? Welcher Reiz wird gesetzt und wie ist die Reaktion darauf? Wo und warum hakt die Kommunikation?
Die Firma kann man im übertragenen Sinn als Konstrukt der Familie betrachten. Wir tragen unsere Vergangenheit mit auf den Arbeitsplatz. Jeder hat seine Rolle, seine Aufgaben und jede/r von uns kennt die Trigger seiner Arbeitskolleg*innen und der Chef*innen, wie damals bei den Eltern, sobald man länger zusammenarbeitet. In jedem Mitarbeitenden stecken Emotionen aus der Kindheit, die durch Reize ausgelöst werden und sie lösen wiederum Handlungen aus, die dann möglicherweise nicht ganz erwachsen anmuten und in Ausprägungen wie Mobbing, Zerstörung von Büroeinrichtung, Ausgrenzungen, Beleidigungen, Demotivation etc. enden können.
Die Lösung liegt darin, sich jeden Tag bewusst zu machen, dass wir das Kind-Ich und unsere Erfahrungen aus der Vergangenheit nicht vor der Bürotür abgeben, dass das kritische Eltern-Ich nicht immer angebracht ist und Belehrungen nicht immer hilfreich sind und dass unsere Gedanken und Gefühle unser Handeln steuern. Mit bewusster Beobachtung nehmen wir Veränderungen wahr, wir können neue Verhaltensweisen trainieren, um dann im Erwachsenen-Ich zu reagieren. Ja, das Leben ist ein einziger Kindergarten – deshalb gibt es auch hin und wieder Konfetti!
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